Klaus-Jurgen Muller, einer der namhaftesten Militar- und Zeithistoriker Deutschlands, legt seine seit langem erwartete groe Biographie uber Ludwig Beck vor. Sie ist die Summe seiner langjahrigen Auseinandersetzung mit dem Leben dieses Offiziers, der von 1935 bis 1938 als Generalstabschef des Heeres Mitgestalter der neuen Wehrmacht war, aber wahrend der Sudetenkrise 1938 als einziger unter den militarischen Entscheidungstragern aus Protest gegen Hitlers Kriegspolitik zurucktrat. Am 20. Juli 1944 opferte Beck als einer der fuhrenden Kopfe des nationalkonservativen Widerstands sein Leben.Muller stellt das Leben Becks nicht, wie andere es haufig taten, unter einen einzigen zentralen Aspekt, den des Widerstands. Das griffe fur einen Mann, der 40 Jahre seines Lebens unter drei verschiedenen politischen Ordnungen im aktiven Dienst verbrachte, viel zu kurz. Muller ordnet Beck vielmehr in die Entwicklung des deutschen Offizierkorps vom Zenit des Kaiserreichs bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ein.Ein groes Buch, das viele neue Erkenntnisse eroffnet: uber Beck als Person, uber die Gruppe, der er angehorte: die preuisch-deutsche Militarelite, und uber die Entwicklung und Struktur des militarischen Widerstands gegen Hitler.Muller begreift Beck als Ausnahmeerscheinung innerhalb seiner Offiziersgeneration - als Typus des kultivierten, gebildeten Burgers, dessen von der Familie gepragte geradlinige Moral und intellektuelles Ethos sein ganzes Leben bestimmten. Sie befahigten ihn, einmal als richtig erkannten Einsichten gegen alle Zwange seines beruflichen Milieus unbeirrbar zu folgen. Gerade in Konfliktsituationen erwiesen sie sich als starker als seine militarische Erziehung oder als Karrierestreben.Inhaltlich beanspruchte Beck, ganz der preuischen Militartradition folgend, fur das Militar eine der Politik gleichberechtigte Fuhrungsrolle in Staat und Gesellschaft. Dieser politisch-soziale Eliteanspruch unterschied ihn u. a. von seinen Rivalen Keitel und Fromm, die in den Kategorien einer bloen Funktionselite dachten. Er war uberzeugt, dass politische und militarische Entscheidungen ethisch fundiert sein mussten. Beck glaubte zunachst, das Dritte Reich wurde seine Anspruche verwirklichen. Als er aber erkannte, dass das Handeln Hitlers mit seinen Uberzeugungen unvereinbar war, fuhrten ihn seine moralische Kraft und seine Prinzipientreue Schritt fur Schritt in den Widerstand, bis zur letzten Konsequenz.